AGA-Tagebuch

Hier findest du ziemlich alles, was ich den ersten 3 Monaten meines Grundwehrdienstes erlebt habe. Jeder Tag ist zwar anders, es gibt jedoch ein immer wiederkehrendes Grundgerüst: 5 Uhr aufstehen, dann gibt's ca. 20 Minuten Zeit zum Rasieren, Morgenwäsche, Anziehen etc., gefolgt von Antreten, wo festgestellt wird, ob noch alle anwesend sind. Dem anschließenden Frühsport folgt das zeitlich meist knapp bemessene Frühstück, natürlich gemeinsam im Zug (~50 Mann). So bleibt immer noch mindestens eine halbe Stunde für's Stuben- und Revierreinigen und um sich gegebenenfalls noch einmal umzuziehen, bevor zum "großen" Antreten 7 Uhr der Tag beginnt. Mittags geht das ganze wieder von vorn los: 11.30 Uhr zusammen zum Mittag, danach Reinigung und 13 Uhr wieder zum Antreten. Das gleiche wiederholt sich 16 Uhr, doch wenn eine halbe Stunde später der Großteil der Kaserne Dienstschluss hat, ist für die AGA noch nicht Schluss. Vor dem Schlafengehen zwischen 22 und 23 Uhr muss dann die Stube beim Zugdienst abgemeldet werden, der die Sauberkeit kontrolliert.
So blöd wie's klingt: man gewöhnt sich dran und außerdem hat man so gut wie jedes Wochenende Gelegenheit zu Hause den versäumten Schlaf wieder aufzuholen.

1. (Di)Im Kinderabteil eines voll gestopften ICE geht's nach Bayern. 15 Uhr ist Ankunft in Neunburg vorm Wald, mit mehr oder weniger freudiger Erwartung auf die nächsten 9 Monate. Zunächst wird der Papierkram erledigt, daraufhin folgt das Beziehen der Stuben, Betten bauen, Antreten und Gruß lernen, ein kurzer Abstecher beim Arzt und die offizielle Begrüßung. 23.45 Uhr - Willkommen erster Zapfenstreich!
2. (Mi)5 Uhr Wecken, Zeit ist schließlich kostbar, denn ein ausgefüllter Tag mit Arzt- und Zahnarztbesuchen, Dienstgradabzeichen lernen, einem Kasernenrundgang und vielen Marschierübungen steht auf dem Plan. Das Reinigungsrevier meiner Stube ist die Südtreppe - 4 Etagen vom Keller bis unters Dach sind ständig sauber zu halten. Gar nicht so einfach wenn sie täglich von bald 100 Mann genutzt wird. Der Unterricht "Dienst, warum?" rundet den Tag ab, Dienstschluss 20 Uhr - Juchu!
3. (Do)Aus blau wird grün, heute geht's zur Einkleidung. Damit auch nichts fehlt wird vor dem Einräumen der ca. 100 Teile in den Spind vom Helm bis zum Taschentuch alles noch einmal auf Vollständigkeit geprüft. Auch die Schießbücher und Erkennungsmarken werden heute ausgehändigt. Eine eigene "Modenschau" der Uniformen und Unterricht über die innere Dienstordnung runden den Tag ab. 21.30 Uhr ist heute Schluss.
4. (Fr)Tragischerweise wird die Ausrüstung heute wieder ergänzt: die ABC Masken werden ausgegeben, angepasst und auf Dichtigkeit geprüft. Dem marschvorbereitendem Unterricht folgt der erste Sporttest (umfasst 4 x 9m Lauf, Sit-ups, Liegestütze, Sprung aus dem Stand, 12 min Lauf). 20 Uhr geht's dann zur Begrüßung ins Mannschaftsheim und jeder bekommt eine Willkommensschachtel mit Rasierer, Rasiergel, Bier-Cola-Mix, Koffeingetränk, Flips, Zigarren, Deo, Duschbad und einem Wie-lange-noch-Tageszähler.
5. (Sa)Dem Unterricht über die Vertrauensperson folgt ein 6 km Eingewöhnungsmarsch mit etwa 7 kg Gepäck. 13 Uhr ist Schluss, aber da sich eine Heimfahrt nicht lohnt wird erstmal die Gegend erkundet...



6. (Mo)Ein ganzer Tag wird der Waffe gewidmet: Das Gewehr G36 zerlegen, zusammensetzen, reinigen und die Funktionen kennen lernen.
7. (Di)Unterricht und praktische Anwendung in Kartenkunde, Zielortbestimmung, Entfernungen, Kompasslesen, gefolgt von Schießunterricht bis 18.30 Uhr.
8. (Mi)Der Sehtest im Bundeswehrkrankenhaus (BWK) Amberg steht an, der Nachmittag ist dem praktischen Umgang mit dem G36 gewidmet.
9. (Do)Unterricht und praktische Beobachtungen im Gelände, Formaldienst und das ganze wird abgerundet von einem Test.
10. (Fr)Ein Morgen voller Unterricht, dann wird die Vertrauensperson gewählt. 11.50 Uhr geht's endlich ins wohlverdiente Wochenende.



11. (Mo)Nachdem ich vormittags die große Kunst der Tarnung gelernt habe, wird am Nachmittag der Umgang mit dem G36 geübt. Übrigens durfte sich erst nach Dienstschluss 20.30 Uhr abgeschminkt werden.
12. (Di)Erst geht's zur Blutgruppenbestimmung und dann wird das erste mal scharf geschossen, natürlich erst nach dem 3,5 km Marsch zur Standortschießanlage. Der zweite Höhepunkt des Tages ist der erste Wehrsoldempfang bar auf die Hand. Bis 22.30 Uhr steht schließlich noch Waffenputzen auf dem Programm.
13. (Mi)Ein Tag gefüllt mit einer Menge Unterricht, ein paar Stunden durch den Wald hirschen und natürlich Waffenputzen. Dienstschluss: 21 Uhr.
14. (Do)Zeitig geht's mit dem Bus raus auf den Standorttruppenübungsplatz zum Alarmposten graben, um darin dann die Ablösung nach "LANGEMARK" (Lage, Auftrag, Nachbarn, Grenzen, Eröffnungslinie, Meldung, Ablösung, Rückwärtiger Raum, Kennwort) zu üben. Nach dem Waffenreinigen ist 20 Uhr Dienstschluss.
15. (Fr)Was hier war weiß ich nicht mehr, aber vermutlich war es Sport, Putzen, noch mehr Putzen und Kontrolle...



16. (Mo)Theoretische und praktische ABC-Ausbildung, Formaldienst, Gelöbnisunterrricht; DS: 20 Uhr
17. (Di)Auf meiner Stube sind wir jetzt nur noch zu fünft - einer hat's mehr oder weniger freiwillig geschafft: ausgemustert. Glück für ihn - für uns geht's weiter mit Unterricht und Praxis, frühs mit dem Maschinengewehr MG3, nachmittags mit Handgranaten; DS: 21 Uhr
18. (Mi)Der zweite Stubenkamerad hat es geschafft, sein KDV-Antrag ist durch. Auf Wiedersehen! Heute fängt die Sanitätsausbildung an: frühs lernen wir die Trageweisen und Bergungen, bis 16.30 Uhr steht durchgehend Unterricht auf dem Plan.
19. (Do)...immer noch Unterricht. Am Nachmittag werden die Erste-Hilfe-Kenntnisse praktisch angewandt. Abends geht's weiter mit Formaldienst und Ausrüstung putzen. DS: 20.30 Uhr
20. (Fr)Sanitätsausbildung mit anschließendem Test; Ausrüstungskontrolle; DS: 12 Uhr



21. (Mo)Jeah, Jahrhundertsommer und heißester Tag der Region seit 130 Jahren! Da macht Bund Spaß! Frühs geht's los mit "AMILA" (Allgemeines Militärisches Ausdauertraining), gefolgt von Formaldienst, Unterricht, nachmittags etwas ABC-Praxis und Reinigung; DS: 16.30 Uhr
22. (Di)Rucksack packen, ein kurzer Abstecher zum Röntgenbus und ab geht's ins BIWAK. Gruppenplatz beziehen, Zelte aufbauen, Stellungen graben...
23. (Mi)BIWAK - 24 Stunden an der frischen Luft abgerundet von abwechslungsreichen Tätigkeiten. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die kalte "Dusche" in der Panzerwaschanlage, eine Wohltat bei den tropischen Temperaturen. Leider muss aber auch das obligatorische Feuer aufgrund der hohen Waldbrandgefahr entfallen.
24. (Do)Das BIWAK neigt sich dem Ende, nachmittags werden die Gruppenplätze und Stellungen in ihren ursprünglichen Zustand gebracht. Mit dem Bus geht's zurück in die Kaserne, gefolgt von Waffenputzen. Eine heiße Dusche, ein sauberes Bett und ich bin vorerst rundum zufrieden.
25. (Fr)Was macht man mit müden und geschafften Gesichtern? Natürlich ablichten für den Truppenausweis! Waffenreinigen, Ausrüstung reinigen und 12 Uhr geht's ins lang ersehnte Wochenende.



Hier enden vorerst meine Aufzeichnungen, aber einiges ist mir noch in Erinnerung geblieben:
  • In einer der folgenden Wochen steht das BIWAK #2 auf dem Programm, inkl. NATO-Alarm (ganz früh aufstehen und in völliger Dunkelheit Sachen Packen), der Vorführung "Hören und Sehen bei Nacht" und diesmal darf auch Feuer gemacht werden!
  • Zum Gelöbnis dürfen sich auch die Familien ein Bild von der Kaserne machen, die eigentliche Feierlichkeit findet aber öffentlich auf dem Marktplatz von Vohenstrauß statt, wofür wochenlang das Marschieren geübt wurde.
  • Weiterhin steht natürlich die Ausbildung und scharfes Schießen mit Maschinengewehr, Pistole (P8) und Maschinenpistole an.
  • Vor dem großen Gefechtsmarsch dürfen wir in den Panzerfaustsimulator der Nachbarkaserne und auch mal eine Hindernisbahn "ausprobieren". Den anschließenden Rückweg, der auch eine Flussüberquerung per Schlauchboot beinhaltet, verlangte schon einiges an Durchhaltewillen ab und so sind wir erst spät in völliger Dunkelheit zurück. Doch in der Kaserne wartet noch ein ganzer Dekontaminierungsdurchlauf auf uns.



61. (Mo)Theoretische und praktische Pionierausbildung, was so viel heißt wie Stacheldraht verlegen und Sperren bauen, gefolgt von Unterricht zur Minenabwehr. DS: 21.40 Uhr
62. (Di)Ein ganzer Tag voller Wachausbildung - theoretisch und praktisch. DS: 16.30 Uhr
63. (Mi)Praktische Wachausbildung, dem sich später der schriftliche Wachtest anschließt. Abends folgt ein kleiner Besuch in meiner späteren Batterie. DS: 19 Uhr
64. (Do)Wachschießen mit G36 und P8. Dabei sein ist alles! DS: 16.30 Uhr
65. (Fr)In der heutigen Pionierausbildung dreht sich alles um versteckte Ladungen und das Finden und Kennzeichnen von Minen. 12 Uhr ist Schluss.



66. (Mo)Stationsweise Wiederholung in der Anwendung von G36, MG3, Erster Hilfe und ABC. Außerdem gibt's die Auswertung vom Wachtest. DS: 20 Uhr, zumindest für die, die bestanden haben!
67. (Di)Rekrutenbesichtigung in 8 Stationen im Umland der Kaserne: Autounfall, Melder, geleiteter Feuerkampf, Wegeskizzen; ABC, Schießen unter körperlicher Belastung, Marschkompasszahl und Entfernungen, Alarmposten. DS: 22.30 Uhr
68. (Mi)Den ganzen Tag Waffen- und Ausrüstungsreinigen. DS: 16.30 Uhr

Am nächsten Tag trennen sich unsere Wege und jeder geht in seine neue Einheit. Im Vergleich zu anderen Standorten gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede, z.B. in den Dienstzeiten oder den Anforderungen. Letztendlich muss ich aber sagen, dass meine AGA relativ annehmbar war. Schlimmer geht's immer...